Eröffnung der re:publica TEN 2016 in Berlin

#TTIP, #VR und #AI: Trending Topics an der re:publica TEN

«Europe’s most exciting conference on Internet and society»: Das ist – gemäss der re:publica-Website – in nur 10 Jahren aus dem einstigen Berliner Blogger-Treffen geworden. Mit jedem Jahr wurde die Veranstaltung etwas grösser, das Themenspektrum etwas breiter, der Auftritt etwas professioneller. Doch eines ist geblieben: Die re:publica zeigt, welche Themen für die digitale Gesellschaft relevant sind, und zwar weit über das Online-Marketing hinaus.

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PressLink

Die Zeit der Zeitung ist vorbei

Nein, Medienhäuser sind wirklich nicht zu beneiden. War die Publikation von Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen bis vor kurzem ein einträgliches Geschäft, so hat die Digitalisierung das Geschäftsmodell von Verlagen weitestgehend zerstört.

Viele von ihnen versuchen verzweifelt, gedruckte Zeitungen durch digitale Zeitungen zu ersetzen. Das kann im Einzelfall funktionieren, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie fundamental der Medienwandel letztlich ist. Es geht nicht darum, Papier durch Bildschirme, Druckerschwärze durch Bits und Zeitungsverträger durch Breitbandnetze zu ersetzen. Sondern es geht darum, sich vom Konzept der Zeitung zu verabschieden und neue Formen zu finden, wie Informationen organisiert und vermarktet werden.

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Investieren Sie in Journalismus!

Wenn Sie einen Journalisten fragen, wie das Zeitungsgeschäft funktioniert, dann wird er Ihnen wahrscheinlich antworten: «Unsere Leser bezahlen uns dafür, dass wir sie mit relevanten Informationen versorgen.»

Dieses alte Journalisten-Selbstverständnis ist nicht völlig falsch. Aber es ist nur ein Teil der Wahrheit und nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn wenn das Geschäftsmodell der Medienhäuser ausschliesslich so funktionieren würde, dann gäbe es in unseren Zeitungen keine Anzeigen, und vor allem gäbe es keine Gratiszeitungen.

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E-Books: Warum Sie einen Tolino Vision kaufen sollten

Der Tolino Vision, die Alternative zu Amazons Kindle

Der Tolino Vision, die Alternative zu Amazons Kindle

Ein E-Book-Reader ist mehr als nur ein technisches Gerät. Er ist das zentrale Element eines ganzen Vermarktungssystems für digitale Bücher. Wer sich für einen Tolino E-Book-Reader entscheidet, unterstützt eine System, dass noch am ehesten frei nutzbare Inhalte und offene Standards zulässt. Und das sollten wir fördern, solange wir noch die Wahl haben.

Kurz gesagt: Im Gegensatz zum Kindle (dem E-Book Reader von Amazon) erlaubt es der Tolino (der E-Book Reader von Thalia), E-Books im EPUB-Format zu lesen. EPUB ist ein herstellerübergreifender, offener Standard und damit auch das bevorzugte E-Book-Format für freie Inhalte. Zudem erlaubt es der Tolino, kostenpflichtige E-Books nicht nur von einem einzigen Anbieter zu kaufen, sondern von jedem beliebigen E-Book Store. So kann man als Leser dafür sorgen, dass der Ertrag aus dem Bücherkauf an die lokalen Buchhändler und Verlage geht, die es für eine vielfältige, hochwertige Buchkultur unbedingt braucht. Wer einen Tolino Vision kauft, setzt also auch ein Zeichen gegen die Bestrebungen von Amazon, Buchhandel und Verlage überflüssig zu machen und als einziger Vermittler zwischen Autoren und Lesern den Büchermarkt komplett zu kontrollieren.

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E-Book Reader in Buchhandlungen – Eindrücke aus Boston und Zürich

Wer in Boston die grösste Barnes & Noble-Filiale besucht, kommt am Nook nicht vorbei: Gleich beim Eingang präsentiert der Buchhandelsriese grosszügig seinen E-Book-Reader. Zudem wird man als Kunde von geschultem Personal unerbittlich darauf angesprochen – unabhängig davon, ob man gerade einen Nook testet oder möglichst zielstrebig an den Teststationen vorbeisteuert. All dies zeigt deutlich: E-Books sind für Barnes & Noble wichtig.

Ganz anders im Stammhaus von Orell Füssli in Zürich: E-Book-Reader sind hier im obersten Stock bei den Computer-Fachbüchern zu finden, also weit weg von den grossen Kundenströmen. Bei meinem letzten Besuch waren es zudem gerade einmal drei Exemplare, die zudem recht lieblos präsentiert werden. Warum dieser Unterschied?

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Kann das nur ein Inserat?

Google-Inserat in der WELTWOCHE (2007)

Google ist zu einem weltweit führenden Brand geworden, ohne je einen Dollar in Eigenwerbung investiert zu haben. Falls diese Aussage überhaupt je der Wahrheit entsprochen hat, dann ist sie spätestens seit dem 13. September 2007 falsch. An diesem Datum erschien nämlich die «Weltwoche» Nr. 37, und darin auf Seite 30 das oben abgebildete Inserat.

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Dabeisein ist alles

Schweizer Printmedien drängen ins Internet

Neue Zürcher Zeitung, 8. Dezember 1995

Von Martin Sauter

Mit der üblichen Verspätung gegenüber dem englischsprachigen Raum stossen nun auch die Schweizer Printmedien ins Internet vor. Verschiedene Verlagshäuser arbeiten bereits an Online-Ausgaben ihrer Zeitungen. Überzeugende Angebote sind allerdings bis jetzt nicht auszumachen, weil auch die Vorstellungen über das neue Medium noch diffus sind.

Nachdem die Printmedien in den letzten Jahren die Fernsehbildschirme erobert haben, versuchen sie nun auf den Computerbildschirmen Fuss zu fassen. Kaum haben sich «Spiegel TV», «Stern TV», «Die Zeit TV-Magazin», «S-Zett» («Süddeutsche Zeitung»), «Cash TV» und «Format NZZ» etabliert, so arbeiten die Verlagshäuser schon an Online-Ausgaben ihrer Zeitungen, Nachrichtenmagazine und Zeitschriften. Und weil dieses Medium vergleichsweise billig ist – den mit Abstand grössten Aufwand stellen die Personalkosten dar -, rechnen sich auch kleinere Publikationen gute Chancen aus, bei den Online-Medien mitzutun.

Kleine als Pioniere

So findet man im deutschsprachigen Raum nicht nur grosse Blätter wie «Die Welt», «Der Spiegel», «Der Standard» oder «Tages-Anzeiger» im Internet. Sogar Regional- und Stadtzeitungen, Studenten- und Jugendzeitschriften, Trendmagazine und (teilweise hochspezialisierte) Fachzeitschriften haben ihre mehr oder weniger umfangreichen Online-Ausgaben. Auch in der Schweiz sind es oft kleinere Publikationen, welche hier eine Pionierrolle spielen: «Schaffhauser Nachrichten», «Kindergarten», «Toaster» oder «Workshop Musiker-Magazin» – um nur einige zu nennen.

Hinsichtlich der Aufmachung gibt es meist wenig Unterschiede zwischen den einzelnen Online-Publikationen. Dies mag daran liegen, dass sich das Bildschirm-Design erst einmal entwickeln muss. Sicher hat es aber auch damit zu tun, dass die Layout-Möglichkeiten im World Wide Web (dem mit Abstand populärsten Dienst innerhalb des Internet) ausgesprochen begrenzt sind. Die dabei verwendete Seitenbeschreibungssprache HTML (Hypertext Markup Language) bietet nur elementare Formatierungsoptionen, ja selbst der Typographie sind enge Grenzen gesetzt. Hinzu kommt, dass das endgültige Aussehen eines Dokuments massgeblich durch das Programm bestimmt wird, mit dem es der Leser betrachtet.

Begrenzte Gestaltungsfreiheiten

So hat die Redaktion einer Online-Zeitung nur begrenzten Einfluss darauf, wie das Endprodukt beim Leser aussieht. Die einzige Möglichkeit, Web-Seiten frei gestalten zu können und zugleich die volle Kontrolle über sie zu haben, stellen Grafiken dar. Bei den heute üblichen Datenübertragungsraten über konventionelle Telefonleitungen kann es jedoch weit mehr als eine Minute dauern, bis eine einzige Seite mit aufwendiger Grafik heruntergeladen ist – zu lange für die meisten Leser. Erst mit ISDN-Verbindungen (in der Schweiz unter dem Namen SwissNet vermarktet) können hier akzeptable Antwortzeiten erzielt werden.

Grössere Unterschiede sind dagegen bezüglich der Inhalte zu beobachten. Während einige Verlage über das Internet hauptsächlich ihre Printprodukte vermarkten und Leserservice betreiben, bieten andere auch redaktionelle Information. Typischerweise kann der Leser einige ausgewählte Artikel aus der aktuellen Ausgabe abrufen, gelegentlich inklusive Bilder. Auch elektronische Archive mit Artikeln aus früheren Ausgaben sind anzutreffen, die im Idealfall sogar Volltextsuche bieten. Schon wesentlich seltener findet man Zusatzinformationen zur Printausgabe, die es dem interessierten Leser erlauben, ein Thema zu vertiefen – sei dies nun in Form von redaktionellen Beiträgen oder in Form von Links zu Informationsangeboten Dritter. Hierzulande die Ausnahme stellen dagegen Online-Zeitungen dar, die von Grund auf als solche konzipiert sind, also nicht einfach Information aus der Printausgabe recyklieren oder bestenfalls ergänzen. Dies obwohl bei allen Verlagen Einigkeit darüber herrscht, dass es nicht Sinn der Sache sein kann, eine gedruckte Zeitung 1:1 ins Internet zu übertragen, sondern dass die Inhalte mediengerecht aufbereitet werden müssen.

Auf der Suche nach einer Gesamtstrategie

Doch es ist absehbar, dass sich dies ändern wird: Sind die bisherigen Online-Zeitungen meist nur nebenbei und durch das persönliche Engagement einzelner Redaktoren entstanden, so wird das neue Medium zunehmend in die Gesamtstrategie der Verlage miteinbezogen. Bei der TA-Media AG beispielsweise arbeitet man derzeit nicht nur an einem Konzept für den zukünftigen Auftritt des «Tages-Anzeigers» im Internet. Laut Urs Rüetschi, zuständig für interaktive Medien, denkt man über ähnliche Projekte mit den Verlagstiteln «Facts», «Du» und «Annabelle» nach. Auch die «Weltwoche» – die viele internet-geübte Studenten zu ihren Lesern zählt – bekommt gemäss Geschäftsleiter Peter Urs Naef im nächsten Frühling eine Internet-Ausgabe; im Moment steckt man aber noch in der Projektphase. Ähnlich tönt es bei der ebenfalls aus dem Umfeld der Curti Medien AG stammenden «Bilanz»: Dass es anfangs nächsten Jahres eine Online-Ausgabe geben wird, steht bereits fest; wie diese aussehen wird, ist noch Gegenstand der internen Diskussion. Der «Beobachter» dagegen ist bereits seit einigen Wochen online – hier legt man das Schwergewicht auf Informationen aus dem Beratungsbereich, speziell aus der Rubrik «Spar-Tip», die auf ein jüngeres Publikum mit verändertem Medienverhalten ausgerichtet ist.

Ab Februar 1996 wird das Monatsmagazin «NZZ Folio» im Internet präsent sein, zum Auftakt mit einer integralen Version seiner Februarausgabe (Vernetzte Welt), später mit ausgewählten Artikeln. Inserenten werden die Möglichkeit haben, in einem Kombi gleichzeitig im «Folio», in der «Folio»-Internet-Version und im «Format NZZ» aufzutreten. Das Fernsehprogramm «Format NZZ» ist bereits seit Mai 1995 im Internet. Eine Internet-Ausgabe der Tageszeitung ist ebenfalls im Gespräch; wichtiger als eine möglichst schnelle Lancierung ist jedoch ein überzeugendes Redaktions- und Werbekonzept. Das Electronic Publishing, so Redaktionskoordinator Christoph Mühlemann, stelle ganz neue Anforderungen an die Zeitungsverlage. Und mit einer schlecht gemachten Online-Ausgabe, welche den Eigenheiten des neuen Mediums nicht Rechnung trage, lasse sich nicht nur kein Geld verdienen, sondern sie schädige auch das Image der Printausgabe. (Die NZZ ist übrigens seit mehr als zwei Jahren über einige Datenbanken online zu nutzen.)

Verlage als Informationsanbieter

Doch warum gehen Printmedien überhaupt auf den Online-Markt? Offenbar verbünden sich die Verleger mit dem Feind, den sie nicht schlagen können. Schliesslich dürften die rasant wachsenden Online-Dienste mittelfristig zur ernsthaften Konkurrenz der Printmedien werden. Damit verändert sich auch das Selbstverständnis der Verlage: Sie sehen sich primär als Informationsanbieter – ob diese Information auf bedrucktem Papier oder in elektronischer Form verbreitet wird, ist dagegen zweitrangig. Neben den Zeitungen und Zeitschriften kommen somit auch Radio- und Fernsehsendungen, CD-ROM und eben das Internet sowie die kommerziellen Online-Dienste als Absatzkanäle in Frage.

Wenn aber die Information das eigentliche Kapital der Verlagshäuser darstellt, dann können sie dieses Kapital nicht über Computernetze verschenken, wie Beat Lauber, Geschäftsführer des «Beobachters», betont. Zwar sind derzeit die meisten Zeitungen im Internet noch frei zugänglich. Umso schwieriger ist es nach Ansicht von Daniel Fasnacht, Marketingleiter bei der «Basler Zeitung», künftig vom Leser für die gebotene Information Geld zu verlangen. Dabei stellt sich die Frage, ob pauschale Abonnementsgebühren erhoben werden oder ob leistungsabhängige Tarife (z.B. pro Kilobyte oder pro Seite) zur Anwendung kommen. Zudem bestehen beim elektronischen Zahlungsverkehr via Internet noch einige, vorab sicherheitstechnische Probleme – auch wenn sich inzwischen Lösungen abzeichnen.

Noch keine Werbegelder

Werbung in Online-Zeitungen als zweite potentielle Einnahmequelle ist hierzulande noch zu wenig etabliert, um als sichere finanzielle Basis zu dienen. Verfolgt man die Entwicklung im Ausland, so dürfte sich dies jedoch bald ändern. Allerdings erhalten die Verlagshäuser im Kampf um diesen Werbekuchen neue Konkurrenz: Neben den Ablegern von Printmedien gibt es im Internet nämlich auch schon reine Online-Zeitungen ohne gedrucktes Pendant, etwa das «Xjournal» oder – nicht unproblematisch – das kürzlich lancierte «Blue Window» der Telecom PTT. Diese sind primär als attraktive Plattformen für Online-Werbung konzipiert, bieten aber auch redaktionelle Information. «The Blue Window» unterhält eine eigene Redaktion mit einem halben Dutzend Journalisten, die sieben Tage in der Woche Nachrichten aufbereiten.

Fragt man genauer nach, so weiss eigentlich niemand genau, wie man im der virtuellen Welt reales Geld verdienen soll. Klar ist aber, dass sich die Verlagshäuser auf Dauer nicht damit begnügen können, mit ihren Online-Zeitungen lediglich Erfahrungen im elektronischen Publizieren zu sammeln, ihr Image zu pflegen und bestenfalls vereinzelte neue Leser zu gewinnen. Schliesslich müssen nicht nur Auflage- und Inserateeinbussen bei den gedruckten Ausgaben kompensiert, sondern auch die zusätzlichen Kosten für die Herstellung der Online-Ausgaben finanziert werden.

Noch keine überzeugende Angebote

Trotzdem ist der Trend zur Online-Zeitung – mit der üblichen Verspätung gegenüber dem englischsprachigen Raum – auch in der Schweiz unübersehbar. Doch nicht alle Verlage folgen dem Reflex, nur schon deshalb online zu gehen, weil es die anderen auch tun. Franziska von Weissenfluh, Verlagsdirektorin der «Berner Zeitung», verfolgt zwar die Entwicklung, stellt aber nüchtern fest, dass sie noch keine überzeugende Schweizer Online-Zeitung gesehen habe. Auch bei der Basler Zeitung sieht man sich derzeit noch um, ein definitiver Entscheid ist bisher nicht gefallen. Im Hause Ringier, so Pressesprecherin Jacqueline Moeri, überlässt man die Initiative vorderhand den einzelnen Redaktionen; im Moment findet man erst «Tele» und «L’Hebdo» auf dem Internet, andere konkrete Projekte gibt es nicht.

Doch selbst wenn einmal jede Regionalzeitung ihre Online-Ausgabe haben sollte, ist dies kein Grund, das Ende der Printmedien zu verkünden. Vielmehr ist anzunehmen, dass das älteste Massenmedium neben dem Internet weiterbestehen wird, wie es schon die Einführung von Radio und Fernsehen überlebt hat. Rein von der vermittelten Information her könnten zwar Online-Zeitungen die Printmedien ohne weiteres substituieren. Was bedrucktem Papier weiterhin seine Daseinsberechtigung gibt, sind ganz andere Faktoren: Zeitungen kann man überallhin mitnehmen, sie sind leicht überblickbar und angenehm zu lesen, verursachen dem Leser geringe, klar definierte Kosten und vermitteln ein sinnliches Erlebnis. Für die schnelle Information sowie für Recherchen bieten Online-Zeitungen zwar unbestreitbare Vorteile; die tägliche Zeitungslektüre kann das beschwerliche Lesen am Bildschirm bei laufendem Gebührenzähler jedoch nicht ersetzen.

Fenster zur Welt

Cybercafés in der Schweiz

Neue Zürcher Zeitung, 11. September 1995

Martin Sauter

Man mag der Schweiz Isolationismus vorwerfen – technologisch ist sie jedenfalls voll in das «globale Dorf» des Internet integriert. Die Zubringer zur weltumspannenden Datenautobahn sind hierzulande bestens ausgebaut. Entsprechend häufig trifft man auf E-Mail-Adressen, deren Endung «.ch» die Datenreisenden als in der Confoederatio Helvetica beheimatet ausweist: Mehr als 100’000 sollen es laut Schätzungen der Fachpresse inzwischen sein. Darunter finden sich nicht nur Angehörige von Lehr- und Forschungsanstalten, auch viele Geschäftsleute und Privatpersonen sind innert kürzester Zeit zu virtuellen Kosmopoliten geworden. Der gegenwärtige Boom führt sogar zu höchst realen Problemen: Stau auf der Datenautobahn. Zur Rush Hour nach Beginn des Telecom-Niedertarifs ist gelegentlich kein Durchkommen mehr.

Doch auch im informationstechnisch hochentwickelten Land Schweiz sind die Internet-Nutzer eine Minderheit. Die Medien berichten zwar bei jeder Gelegenheit über das Internet – ob nun scheinheilig warnend vor digitaler Pornografie oder frohlockend über das neue Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Für Aussenstehende jedoch ist die hektische Betriebsamkeit im Netz kaum wahrnehmbar, denn die virtuelle Weltgemeinschaft kennt keine Zaungäste: Man ist entweder drin oder eben draussen. Und der Schritt vom Draussen ins Drinnen führt über eine hohe Schwelle aus Infrastruktur, Know-how und Geld.

Diese Schwelle abzubauen ist das Ziel der Cybercafés, die in den letzten Monaten in vier Schweizer Städten eröffnet worden sind. Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht bietet jedes von ihnen Internet-Reisen für jedermann. Dazu gehören vernetzte Computer, deren Nutzung im Stundentarif (Grössenordnung 20 Franken) verrechnet wird, sowie geschultes Personal, das notfalls Verirrte rettet und gelegentlich auch Demonstrationen oder Schulungen durchführt. Das Ambiente ist dagegen sehr unterschiedlich, wie etwa Besuche in der «@Lounge» (Basel) und im «BZ Internet C@fé» (Bern) zeigen. Das Cybercafé gibt es nicht – oder noch nicht: Allen Betreibern kommt früher oder später der Satz über die Lippen, dass es sich um einen Versuch handle und man erst die Reaktionen des Publikums testen müsse.

Die Pionierrolle hat hierzulande die Mitte Mai eröffnete «@Lounge» des Internet-Anbieters Nethos übernommen. Halbwegs Eingeweihte erkennen bereits am @-Zeichen (dem sogenannten «Klammeraffen», der in jeder E-Mail-Adresse auftaucht), dass hier nicht nur Kaffee für den Gaumen, sondern vor allem eine multikulturelle Mixtur für Auge und Ohr serviert wird. Die Signalwirkung dieses Namens ist auch wichtig, denn von aussen ist dem idyllischen Häuschen in der St. Johanns-Vorstadt 18 kaum anzusehen, welchem Zweck es dient. Wer es betritt, der glaubt sich kaum in einem Café – eher in einer Galerie oder einem gepflegten Computershop. Der kleine, dezent durchgestylte Raum ist mit einem halben Dutzend Computern gefüllt, die zur Reise in den unendlichen Cyberspace einladen. Die Belegschaft der «@Lounge» ist da mehr Touristenführer als Kellner – zudem ist der Kaffee gratis, man zahlt für die Benutzung des Rechners.

«Wir haben ein ausgesprochen gemischtes Publikum», berichtet Rik Gelles, «von Teenies bis zu Rentnern. Auch ganze Familien waren schon hier.» Insofern erfüllt die «@Lounge» ihren Anspruch, das Internet zusätzlichen Benutzergruppen zu öffnen. Die Betreiber kennen allerdings keinen missionarischen Eifer: «Es wird immer Menschen geben, die das Internet nicht nutzen, und das ist nicht per se schlecht,» gibt Felix Stalder zu bedenken. «Der Cyberspace ist nur einer von vielen sozialen Räumen.» Ein zweites Ziel scheint demgegenüber noch weiter entfernt: Der unmittelbare Gedankenaustausch zwischen den Besuchern – der sich zudem über das Medium Internet hinaus mit dessen Inhalten beschäftigen würde – entsteht nur zögerlich. Dies führt zur absurden Situation, dass virtuell Kommunizierende real schweigen.

Dieser Gefahr sind sich auch die Initianten des anfangs August eröffneten «BZ Internet C@fés» bewusst. Franziska von Weissenfluh, Verlagsdirektorin der Berner Zeitung BZ, wählte deshalb einen Ort, wo Kommunikation unter den Besuchern bereits Tradition hat. Faktisch besteht dieses Cybercafé aus zwei Computern, die im bisherigen «BZ Café» in der Berner Altstadt installiert wurden. Zudem fragt man die zentral im Raum plazierten Terminals im Stehen ab: Wer sie benutzt, exponiert sich zwangsläufig und lockt damit Neugierige an – ein Gespräch ergibt sich quasi von selbst. Und die Kaffeehaus-Atmosphäre gab es hier schon vor dem Internet-Anschluss.

In Basel macht man sich ebenfalls Gedanken darüber, welche Ambiance dem öffentlichen Internet-Konsum am förderlichsten wäre. Gelles will der «@Lounge» den Charakter eines Cafés oder einer Bar verpassen, jedenfalls weg vom sterilen Techno-Image. Allerdings soll kein Insider-Treffpunkt für die Avantgarde in Sachen Kunst oder Lifestyle entstehen, wie es der gebürtige Amerikaner Gelles in Cybercafés seiner Heimat gesehen hat, sondern ein Lokal für das breite Publikum. Multimediale Performances sind keine geplant, allenfalls ein Videosystem, welches einen Blick in andere Cybercafés auf dem Globus erlaubt.

Basel oder Bern – das ist nicht New York, und dies spiegelt sich auch in den hiesigen Cybercafés. Die Schweizer sollen in einer vertrauten Umgebung Kontakt mit der virtuellen Welt aufnehmen können. Genau dies entspreche nämlich ihrem Wesen, wie es Stalder provokativ formuliert: «Schweizer reisen gerne, real und virtuell. Das Interesse für die Welt ist vorhanden – vorausgesetzt man findet bei der Rückkehr das eigene Land unverändert vor.» Das Internet: kein Tor zur weiten Welt, aber zumindest ein Fenster mit Aussicht darauf.