WordPress

WordPress als CMS: Wofür es sich eignet – und wo die Grenzen liegen

Wenn es um WordPress als Content-Management-System geht, dann sind die Meinungen oft sehr unterschiedlich: Die einen tun WordPress als reines Blog-System ab, die anderen preisen es als Universalwerkzeug für jede Website. Aus meiner persönlichen Erfahrung trifft weder das eine noch das andere zu. Wer WordPress gut kennt, kann mit wenig Aufwand (und minimalen Kosten) sehr viel erreichen – weiss aber auch, wann man besser zu einem anderen CMS greift.

Lassen Sie mich vorausschicken: Ich arbeite sehr gerne mit WordPress. Mir gefällt insbesondere, wie schnell man eine Website hochfahren und dann mit geeigneten Plug-ins für sehr unterschiedliche Anwendungszwecke ausbauen kann. Und da es bei mir oft um Websites für KMUs oder Non-Profit-Organisationen geht, ist natürlich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ein starkes Argument: Die Basis-Software ist kostenlos, und für ein professionelles Theme sowie ein paar Premium Plug-ins reicht in der Regel ein dreistelliges Budget.

In den letzten fünf Jahren habe ich zwei Dutzend Websites mit WordPress gebaut. Ich bin kein Entwickler, aber ein routinierter WordPress-Administrator: Ich schreibe also keine eigenen Plug-ins, nutze aber ansonsten alle Möglichkeiten des Systems. Daneben habe ich Erfahrungen mit TYPO3 und Contao gesammelt, kann also bis zu einem Grad beurteilen, was andere Open Source CMS bieten.

Ist WordPress überhaupt ein CMS?

In meiner beruflichen Tätigkeit als E-Business-Berater treffe ich oft auf radikale Meinungen, wenn es um WordPress geht: Die einen kennen WordPress nur vom Hörensagen und lehnen es grundsätzlich ab, weil es ja nur ein Blog-System und kein richtiges Content-Management-System sei. Die anderen haben schon mit WordPress gearbeitet und wollen es unbedingt und immer einsetzen, weil sie das benutzerfreundliche Backend lieben und darauf bauen, dass man mit dem richtigen Plug-in jede noch so spezielle Anforderung abdecken kann. Beide Haltungen scheinen mir recht naiv und wenig hilfreich. Deshalb möchte ich in diesem Artikel darlegen, wo die Möglichkeiten und Grenzen von WordPress liegen.

Beginnen wir mit dem Argument, dass WordPress kein Content-Management-System sei, sondern nur ein Blog-System. Das ist insofern falsch, als auch ein Blog-System Content (nämlich Blog-Artikel mit Texten, Bildern und Videos) verwaltet. Es gibt zwar einen wesentlichen Unterschied zwischen Blogs und «normalen» Websites: In einem Blog werden die Artikel rein chronologisch aneinandergereiht, während Websites eine hierarchische Seitenstruktur besitzen. Aber WordPress unterstützt beide Prinzipien: Nebst Blog-Beiträgen (engl. Posts) gibt es auch Seiten (engl. Pages). Zwar fehlt im WordPress-Backend standardmässig ein Seitenbaum, der die Hierarchie der Seiten abbildet, aber den kann man über Plug-ins problemlos nachrüsten.

Themes, Themes, Themes

Was WordPress populär gemacht hat ist unter anderem das riesige Angebot an vorgefertigten Themes, also Design-Vorlagen, welche man auf Knopfdruck installieren kann. Es gibt wohl kein anderes CMS, das in dieser Hinsicht mit WordPress auch nur annähernd konkurrieren kann. Nun kann man argumentieren, dass ein Design ab Stange nicht das Richtige sei für einen professionellen Web-Auftritt, zumal die Website dann schnell aussieht wie jede andere.

Das mag sein, andererseits ist ein gut gemachtes Standard-Design oft besser als ein mittelmässig gemachtes Individual-Design. Und ein vorgefertigtes Theme spart so viel Zeit und Geld, dass man als Auftraggeber schon sehr gute Gründe haben sollte, wenn man auf einem Individual-Design besteht (was mit WordPress selbstverständlich auch möglich ist). Ein professionelles Theme kostet meist weniger als 100 Franken und spart ohne weiteres zwei, drei Wochen Arbeit.

Plug-ins, Plug-ins, Plug-ins

Ein zweites starkes Argument für WordPress sind die Plug-ins, welche das System mit zusätzlichen Funktionen im Frontend und/oder im Backend ausstatten. Aktuell stehen im offiziellen Plug-in Repository gut 47’000 Plug-ins zur Verfügung. Diese kann man ebenfalls auf Knopfdruck installieren, und es gibt für fast jede Anforderung ein passendes Plug-in. Viele Plug-ins im Repository sind völlig kostenlos, andere funktionieren nach dem Freemium-Prinzip, und wieder andere werden ausschliesslich über kommerzielle Marktplätze wie Envato CodeCanyon vertrieben. Auch kostenpflichtige WordPress Plug-ins sind aber sehr erschwinglich (zwei- bis dreistellige Frankenbeträge).

Soweit die gute Nachricht. Das ganze Plug-in-Konzept hat aber auch Nachteile, und diese Nachteile kann man kaum vermeiden, weil man bei WordPress fast nicht auf Plug-ins verzichten kann: Das Basissystem ist recht rudimentär, viele Standard-Anforderungen müssen über Plug-ins nachgerüstet werden. Auch bei einfachen Websites kommt man so rasch auf zehn, zwanzig Plug-ins. Am Angebot mangelt es wie gesagt nicht, und die Installation ist im Normalfall keine grosse Sache. Aber es ist eben schon ein Unterschied, ob eine Funktion Teil des Basissystems (sog. Core) ist oder von einem Dritt-Anbieter dazuprogrammiert wurde.

Nachteile von Plug-ins

Vier Probleme, welche das Plug-in-Konzept mit sich bringt, möchte ich hier hervorheben:

  • User Experience: Das Backend von WordPress wird von vielen Content-Managern wegen seiner Einfachheit und seiner Optik geschätzt. Plug-ins blähen aber unweigerlich das Backend auf, und manche bringen auch eine recht eigenständige Benutzeroberfläche mit. Sieht man sich eine grosse WordPress-Website mit zwei Dutzend Plug-ins einmal genauer an, dann ist es mit der Benutzerfreunlichkeit oft nicht mehr ganz so weit her.
  • System-Interation: Lange nicht jedes Plug-in integriert sich sauber in das Gesamtsystem und respektiert alle Programmier-Empfehlungen. So kann es gut sein, dass ein Plug-in beispielsweise das Berechtigungssystem ignoriert, keine Versionierung der Inhalte unterstützt oder Daten am falschen Ort speichert.
  • Kompatibilität: Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Plug-in Kompatibiliätsprobleme mit dem Core oder mit anderen Plug-ins verursacht. So wird jedes Update zum Risiko, und Updates sind das tägliche Brot eines WordPress-Administrators, denn Core, Themes und Plug-ins werden in sehr kurzen Intervallen aktualisiert. Besonders ärgerlich sind Konflikte zwischen Plug-ins, weil man dann bei Rückfragen an die Entwickler oft von Pontius zu Pilatus geschickt wird, denn natürlich ist immer das jeweils andere Plug-in schuld.
  • Sicherheit: Ein Plug-in besteht aus Programmcode, und jeder Programmcode kann Fehler oder Malware enthalten. Mit jedem Plug-in steigt somit das Risiko, dass man Opfer eines schludrigen Programmierers oder eines Hackers wird. (Dasselbe gilt übrigens auch für Themes – präparierte Gratis-Themes sind eine weit verbreitete Methode, um WordPress-Websites zu hacken.)

Ich möchte hier auch noch mit einem weiteren Missverständnis aufräumen: Man kann zwar über Plug-ins fast jede Funktionalität irgendwie nachrüsten, aber selten wird das dann ganz genau so funktionieren, wie sich das der Auftraggeber vorgestellt hat, und seien es nur Details in der Benutzerführung. Wer es ganz genau nach seinen eigenen Vorstellungen haben will, kommt meist nicht darum herum, ein eigenes Plug-in entwickeln zu lassen, und das ist dann genau so teuer wie jede andere Individualprogrammierung. Billig ist WordPress nur dann, wenn man mit Kompromissen leben kann und im Zweifel seine Arbeitsweise dem System anpasst (nicht umgekehrt).

Der letzte Schwachpunkt von WordPress, den ich hier erwähnen möchte, ist inbesondere für ein viersprachiges Land wie die Schweiz von entscheidender Bedeutung: WordPress bietet von Haus aus keine Unterstützung für mehrsprachige Websites. Zwar gibt es auch hierfür Plug-ins, aber auch bei diesen gelten die oben genannten Probleme.

Fazit

WordPress ist ein ausgesprochen flexibles, effizientes und benutzerfreundliches System mit einem hervorragenden Preis/Leistungsverhältnis. Es eignet sich sich sehr gut für kleine und mittelgrosse Web-Auftritte. Für business-kritische Anwendungen sollte man allerdings einen WordPress-Profi hinzuziehen, obwohl man sich in WordPress auch mit minimalen Kenntnissen eine Website selbst zusammenklicken kann. Und auf jeden Fall braucht es ein seriöses Sicherheits- und Backup-Konzept, denn WordPress ist ein extrem beliebtes Ziel von Hackern.

Foto: Christopher Ross

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